Nicht wegzudenkender Bestandteil eines bayerischen Volksfestes ist das Bier und alles was damit verbunden ist vom Maßkrug bis zum Bierzelt. Auch Brauereigespanne haben bei Festzügen einen sicheren Platz von Alters her. Schon beim Grenzlandfesteinzug kann man Brauereiwagen mit kräftigen Rössern bewundern. Der absolute Höhepunkt für Pferdefreunde, „Rosserer“ wie sie bei uns genannt werden, aber natürlich auch für alle anderen Festbesucher ist das Brauereiwagen-Geschicklichkeitsfahren am ersten Festsonntag.
Mehr als ein Dutzend Gespanne treten am Stadtplatz an, gezogen von jeweils vier mächtigen Kaltblütern, Fuchsen, Tigerschecken, Rappen und aus der Normandie kommenden Percheron, das gewaltigste, was die Pferdezucht zu bieten hat. Sie ziehen die herrlich geschmückten Fass-, Bruck- oder Schanzwagen über einen Parcours von Hindernissen. Am anderen Ende der Zügel sind erfahrene „Rosserer“, die mit lautem „Wia“ oder „Brr“, „Wista“ oder „Hot“ die Gespanne durch die Balkenspur, über einen Sandhaufen oder um Kurven dirigieren. Mit diesen Übungen wird die tägliche Arbeit von Brauereirössern in früheren Tagen nachempfunden. Die Fuhrleute zeigen dabei Ausbildung, Gehorsam, Kraft und Schönheit ihrer Pferde genauso wie das eigene Können.
Unsere mittelständischen Heimatbrauereien – denn nur solche dürfen teilnehmen – ist die Gelegenheit geboten, Werbung für sich zu machen. Interessant ist auch, die verschiedenen Zuchtrichtungen der Pferde zu vergleichen. Pferdefreunde kommen dabei immer auf ihre Kosten, aber auch für alle anderen Besucher ist das eine interessante und spannende Demonstration des historischen Fuhrwesens.
Wenn heute sich die mächtigen Rösser beim Brauereiwagen-Geschicklichkeitsfahren messen, setzen sie damit eine alte Tradition fort, die schon bei den ersten Zwieseler Volksfesten begann. Nachdem damals die Volksfeste häufig mit Landwirtschaftsschauen verbunden waren, lag ein Leistungsvergleich der Pferde nahe. Es bildete sich ein Zwieseler Rennverein, der viele große und bedeutende Trabrennen veranstaltete und dem damaligen Markt einen guten Namen als Rennsportplatz brachte. An den Start gingen Teilnehmer aus fast ganz Bayern und nicht selten auch Ausländer. Die Rennstrecke führte vom Marktplatz über die Theresienthaler Straße, die Hammerbrücke und über Loamhausen (heute Fachschulstraße/Dr.-Schott-Straße) wieder zurück zum Marktplatz. Alte Zwieseler bezeichnen noch heute diese Strecke als „Rennbahn“. Wenn wir heute sagen, dass den Gewinnern Preise „winken“, so war das damals wörtlich zu verstehen. Der Sieger bekam beispielsweise beim Pferderennen 1889 neben der ansehnlichen Summe von 100 Mark, immerhin der Gegenwert von 400 Maß Bier, eine „stehende Fahne“. Es war bei Pferderennen üblich, zum materiellen Wert des Geldpreises Preisfahnen als Zeichen des ideellen Wertes auszuloben. Je nach Bedeutung konnte man Seidenfahnen mit Stickerei, bemalt oder nur lithographisch bedruckt gewinnen. Beim Volksfestrennen 1889 siegte beispielsweise Anton Zellner, Müller aus Gern, vor Johann Rödl, Gastwirth aus Frauenbründl, und Johann Sengmüller, Pferdehändler aus Landshut. Neben Pferden von bestem Ruf ging, wie Paul Friedl in seinem Heimatbuch berichtete, aber auch so manch heimischer Droschkengaul an den Start, der dann zum Gaudium der Zuschauer aus der Bahn lief und einem, vom Alltag her gewohnten Weg folgte oder dem heimischen Stall zusteuerte.
Rösser sind fester Bestandteil des Grenzlandfestes, ob sie nun beim Brauereiwagen-Geschicklichkeitsfahren ihr Können messen oder beim Festeinzug die blumengeschmückten Bierwägen und Ehrenkutschen ziehen. Beim Anblick der kraftstrotzenden Kaltblüter, womöglich als Vierergespann eingeschirrt, befällt viele Betrachter ein Gefühl von Hochachtung und Respekt. Da wird der Begriff „Rösser“ fast zu einem Ehrentitel; würde man sie als „Pferde“ bezeichnen, käme das schier einer Abwertung gleich. Wenn die herrlichen Geschirre, meisterlich mit Messing oder Silber beschlagen, blitzen und funkeln, erscheinen sie wie ein Festgewand und man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Rösser das herausgeputzte und polierte Zaumzeug mit Stolz tragen. Schütteln sie ihren kräftigen Hals, klirren und klingen die Ketten und Beschläge, für viele Pferdefreunde die schönste Musik. Aber auch die Rösser selbst sind geputzt und gestriegelt, bis ihr Fell seidig glänzt.
Dazu passen die festlich gekleideten Pferdeführer in Lederhose und gewichsten Röhrenstiefel, ein geblümeltes Gilet um den Bauch und den weiten Bierkutscherhut auf dem Kopf. Man merkt diesen strammen Mannsbildern an, mit welcher Festigkeit sie ihr Gespann führen, die Zügel straff in den Händen. Auf ein kräftiges „Wia“ hin setzt sich das Gefährt langsam in Bewegung. An der Straßenoberfläche scharren die Hufeisen der Rösser und kratzen die eisenbeschlagenen Wagenräder. Dazu mischen sich der helle Klang des Geschirrs und der Geißelknall des Kutschers. Mit bewundernden Blicken verfolgen die Zuschauer am Straßenrand dieses immer wieder interessante Schauspiel.
So mancher unbedarfte Zuschauer des Grenzlandfesteinzuges oder des Brauereiwagen-Geschicklichkeitsfahrens wird sich wundern, mit welchen Befehlen die Pferdeführer ihre Zugtiere dirigieren. Da hört man ein „Wiah“ oder ein „Brr“, wenn die Pferde gehen oder anhalten sollten und ein „Wista“ oder „Hott“, wenn sie nach links oder rechts schwenken sollten. Allein mit den Zügeln lässt sich ein Gespann nicht lenken; die Tiere brauchen auch mündliche Anweisungen, damit die Zusammenarbeit funktioniert. Diese Fuhrmannssprache ist schon Jahrhunderte alt und verwendet Worte, die in der heutigen Umgangssprache schon lange nicht mehr zu finden sind.
Selbst das Wort „Pferd“ wird in Fuhrmannskreisen kaum verwendet, es ist das „Ross“, wobei das „o“ lang gezogen gesprochen wird und die Rossknechte früherer Zeit sowie die Halter von Pferdegespannen bezeichnen sich selbst als „Rosserer“. Ein junges Ross ist aber keinesfalls ein Fohlen, sondern ein „Heiß“, meist aber in der Verkleinerungsform als „Heißerl“ bezeichnet. Eher als Verniedlichung wird so auch ein älteres kleinwüchsiges Pferd genannt. Ein alter Gaul wird mit dem Wort „Häuter“ bedacht, was nicht sehr schmeichelhaft ist.
Auch bei den verwendeten Wagen gibt es spezielle Bezeichnungen für die verschiedenen Typen. Beim Brauereiwagen-Geschicklichkeitsfahren sind Bruckwagen zu sehen mit einer Ladeplattform, Schanzwagen mit seitlichen Stangen zum Halten der Bierfässer oder Fasswagen mit einem großen, befestigten Fass zum Biertransport. Bauern benutzten meist Leiterwagen mit geleiterten Seiten zum Heu oder Stroh fahren oder Gäuwagerl, kleine zweiachsige Wägen mit Sitzbock und Ladefläche.
Noch vielfältiger sind die Bezeichnungen bei den Kutschen. Da gibt es beispielsweise den Landauer, eine komfortable viersitzige Kutsche, die sich von einem offenen in einen vollkommen geschlossenen Wagen verwandeln lässt, oder die Victoria, ein eleganter Kutschentyp, erstmals für die englische Königin gebaut. Wesentlich einfacher ist der Gig, ein einspänniger zweirädriger offener Wagen mit Gabeldeichsel. Bei schwierigen Straßenverhältnissen verwendete man sogenannte Jagdwagen, sehr robuste und geländetaugliche Kutschen. Am meisten in der Umgangssprache gehalten hat sich noch die Chaise, eine Kutsche mit aufklappbarem Dach, jedoch in der Abwandlung „Schesn“, wie so manches Gefährt heute noch abwertend bezeichnet wird.
Fahrzeuge, die aus der Mode und dem Gebrauch gekommen sind, aber die Zeit bis heute überdauert haben, begeistern uns immer wieder. Ihre einfache Eleganz bewirkt einen Charme, den wir bei neuzeitlichen Fahrzeugen oft vermissen. Zudem beeindruckt den Betrachter die Liebe des Halters zu seinem Gefährt, abzulesen an der Pflege, die er ihm zukommen lässt.
Beim Grenzlandfest waren schon öfter Oldtimer zu bewundern. 2007 stellten die Freunde historischer Magirus-Feuerwehrfahrzeuge aus dem Chiemgau Fahrzeuge verschiedenen Typs aus. Allesamt waren es ausgemusterte Löschgruppenfahrzeuge, Tanklöschfahrzeuge oder Drehleitern, gewissenhaft restauriert und gewartet, zum Teil sogar mit der Originalbeladung. Es war eine Reise in die Firmengeschichte des vom legendären Feuerwehrpionier Conrad Dietrich Magirus gegründeten Hauses.
Ein anderer Klassiker der Nutzfahrzeuge bereicherte das Grenzlandfest 2008. Die Unimogfreunde Lohberg präsentierten zahlreiche Fahrzeuge aus der 60-jährigen Geschichte des Univeral-Motorgerätes, wie die Langbezeichnung dieses außergewöhnlichen Fahrzeuges lautet. Es wurde die Entwicklung aufgezeigt, wie das ursprünglich landwirtschaftliche Fahrzeug wegen seiner besonderen Eigenschaften wie hoher Geschwindigkeit, gefederter Achsen, Allradantrieb und geschlossenem Fahrerhaus in vielen anderen Nutzungsbereichen Verwendung fand.
Seit Jahren holen die Oldtimerfreunde Tröpplkeller, ein junger, aber rühriger Kreis von Fahrzeugbesitzern, die Oldtimer der Region zum Grenzlandfest zusammen. Damit soll ein Überblick geboten werden, welches „kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut“, wie es gesetzlich heißt, in unseren Garagen schlummert. Um diese Schau noch interessanter zu machen, werden auch die Oldtimer-Besitzer aus Österreich und Tschechien eingeladen.
Sowohl Bayern als auch Böhmen zählen heute zu den bedeutendsten Herstellerländern in der Autoindustrie. In Bayern sind so bedeutende Marken wie BMW oder Audi beheimatet, in Böhmen Škoda und Tatra. Dabei gingen beide Nachbarländer bis in die jüngste Vergangenheit getrennte Wege. Zurückzuführen ist dies auf die Aufteilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg und die Grenze von Kapitalismus und Kommunismus, die zwischen den beiden Nachbarn verlief. Ein halbes Jahrhundert „Kalter Krieg“ verhinderte nahezu jegliche nachbarschaftliche Beziehung. Dieses strickte Nebeneinander hat dazu geführt, dass in beiden Ländern Fahrzeugtypen entwickelt wurden, die im Nachbarland so gut wie unbekannt waren. Heute ist das sehr interessant, wenn man beim Oldtimertreffen Raritäten aus dem Nachbarland bestaunen kann.
Bei der böhmischen Autoindustrie denkt man in erster Linie an Škoda, das schon vor dem Zweiten Weltkrieg einen großen Teil seiner Produktion exportierte. Aber auch andere Autobauer überlebten den Krieg wie Jawa, Praga, Aero und Tatra, wurden dann aber verstaatlicht. Während Praga und Tatra nach dem Krieg vorwiegend Nutzfahrzeuge produzierten, widmete sich Jawa hauptsächlich der Motorradherstellung. Aero gab 1947 die Automobilproduktion auf. Škoda polierte seinen alten Ruf wieder auf und entwickelte sich nach dem Krieg zur bekanntesten Autofirma des Ostblocks. Als einzige Marke wurde Škoda während des Kommunismus in den Westen exportiert, bis die Firma dann 1991 im Rahmen eines Privatisierungsprogramms in den Besitz von Volkswagen überging.
Vorzeigeproduzent in Bayern sind seit Jahrzehnten die Bayerischen Motoren-Werke, die sich ursprünglich der Herstellung von Flugmotoren, dann dem Motorradbau und erst ab 1928 der Automobilherstellung widmeten. Nicht viel weniger erfolgreich ist die Firma Audi, die aber erst seit 1969 in Bayern firmiert, hervorgegangen aus der Auto Union und NSU. Auch Niederbayern hat sich in der Automobilgeschichte verewigt mit dem Autobauer Hans Glas in Dingolfing, bekannt vor allem durch das Goggomobil. Er produzierte aber auch Roller, Sportcoupés und Mittelklassewagen und wurde schließlich von BMW übernommen. Nicht vergessen werden darf bei den bayerischen Fahrzeugherstellern der Messerschmitt-Kabinenroller, jenes legendäre Gefährt, halb Roller, halb Kleinwagen, produziert in Rosenheim und später in Regensburg.
Das Bayerisch-Böhmische Oldtimertreffen beim Grenzlandfest verspricht immer wieder viele interessante Raritäten aus der Automobilgeschichte der beiden Länder.
Festzüge waren immer schon Ausdruck besonderer Anlässe und Ereignisse mit bleibendem Erinnerungswert bei Teilnehmern wie Zuschauern. Bereits vom Zwieseler Volksfest 1884 berichtet die Chronik, dass ein Festzug mit vier sehr schönen Festwagen durch die Straßen ging, wobei auch der Nachbarmarkt Regen einen Wagen schickte. Beim Festzug 1889 wurden sogar Preise für die schönsten Festwagen ausgelobt und dem Sieger winkten 25 Mark. Das war eine stattliche Summe, wenn man bedenkt, dass alle sechs Musikcorps, die am Zug teilnahmen, mit zusammen 30 Mark entschädigt wurden. Damit alles stilecht war, lieh man sich die Garderoben sogar vom Hoftheater in München. Sieger wurde der Wagen „Fortuna“ der Gemeinde Rabenstein, gefolgt vom Wagen „Gambrinus“ des Marktes Regen und dem Wagen „Spahnindustrie“ der Gemeinde Bärnzell.
Zu solch einem Festtag putzte sich der ganze Ort heraus: Die Straßen wurden gekehrt, die Häuser beflaggt sowie mit Girlanden und Kränzen geschmückt und das nicht nur an der Hauptstraße. Für den Festzug 1954 zur 50-Jahr-Feier der Stadterhebung wurde sogar das ehemalige untere Tor am Stadtplatz nachgebaut. Den Festzug selbst gestaltete man in sieben historischen Bildern, beginnend von der ersten Besiedlung Zwiesels über die Entstehung des Marktes und die Wappenverleihung bis zur Gegenwart.
Beim Jubiläum 1979, als man 75 Jahre Stadtrechte feierte, sahen 15.000 Besucher einen beeindruckenden Zug, der über zwei Stunden durch die Stadt rollte. 30 Wagen, 50 Fußgruppen und über 60 Pferde zählte man. Vertreten waren alle bedeutenden Vereine, Institutionen und Firmen in der Stadt, von den Bauern, die das Dreschen vorführten über den Arbeiter-Unterstützungsverein als Flößerzunft und den Schott-Werken mit einem attraktiven Glaswagen bis hin zum Kaninchenzuchtverein mit einem riesigen Blumenhasen.
Nicht viel weniger beeindruckend war der Festzug zum im Jahr 1986, als man das 50jährige Bestehen des Grenzlandfestes beging. Attraktion der Veranstaltung war ein großartiger Zwölferzug aus dem Chiemgau, der den Bierwagen zum Festplatz brachte. 28 Trachtenvereine waren ebenso vertreten wie 19 Schützenvereine, unter ihnen die fesche Schützenkompanie aus Zirl in Tirol. Es war ein Festzug wie aus dem Bilderbuch unter weiß-blauem Himmel, mit schneidiger Musik und so manchem Juchezer der Fuhrleute.
Beim großen Festzug 2004, als man 100 Jahre Stadt und 750 Jahre erste urkundliche Erwähnung feierte, zogen bei herrlichem Wetter 73 Gruppen und Wagen durch die Stadt. In zahlreichen lebenden Bildern wurden Vergangenheit und Gegenwart Zwiesels dargestellt. Die Straßen waren gesäumt von begeisterten Menschenmassen.
Der letzte große Festzug war 2005, diesmal aus Anlass von 125 Jahren Volksfesttradition in Zwiesel. Hauptthemen dieses Zuges waren deshalb Trachten, Schützen und Brauchtum. Mehr als 60 Gruppen, angeführt von den Griesbacher Wolfauslassern und begleitet von sieben Musikgruppen zogen an einem heißen Sommertag durch die Stadt. Neben den 15 Schützen- und Trachtenvereinen beeindruckten die vielen Gruppen, die in historischer Arbeitskleidung an bäuerliche Arbeitsweisen und Brauchtum erinnerten.