Wenn einst die böhmischen Bärentreiber und Dudelsackpfeifer in Zwiesel Station machten, der Prater-Karl draußen auf dem Anger sein Fahrgeschäft aufbaute und der Kasperl Larifari jung und alt zu begeistern verstand, dann war Volksfestzeit im alten Markt. Die Zwieseler haben schon immer gern gefeiert.
Erst im Jahr 1936 aber wurde dem Volksfestgeschehen ein offizieller Rahmen und ein neuer Stil gegeben. Der Großhändler Hugo Stoiber hatte eine hochaktive Mannschaft von Festgestaltern um sich versammelt, die das Zwieseler „Grenzlandfest“ jeweils Mitte August auf dem Jahnplatz einrichtete und damit bei der Bevölkerung des Winkels vorzüglich angekommen ist. Mit dazu gehörten im jährlichen Wechsel bis 1939 Ausstellungen für Handel, Handwerk, Gewerbe und Kunst, die von ihrer Besucherzahl her einen geradezu sensationellen Anklang fanden. Das vierte dieser ersten Grenzlandfeste, mit einem besonders attraktiv bestückten Rummelplatz in der Zeit vom 12. bis 20. August 1939 abgewickelt, stand freilich schon ganz im Zeichen der Kriegsvorbereitung.
Erst im Jahr 1949 ging man in Zwiesel an die Planung eines neuen Volksfestes heran, behielt den alten Namen und den Jahnplatz als Festwiese ebenso bei wie die Regelung aus dem Gründerjahr, dass im jährlichen Wechsel eine der beiden Zwieseler Brauereien für das eigens gebraute Festbier zu sorgen hatte. 1949 wurden erstmals Festabzeichen verkauft, das waren ganze 2576 Stück zu 50 Pfennige und 1974, also nach 25 guten Volksfestjahren, verkaufte man zum letzten Male diese Abzeichen und es wurden damals 22878 Stück der kleinen hölzernen Stadtwappen abgerechnet.
1954 zur 50-Jahrfeier der Stadterhebung erlebte Zwiesel einen großartigen historischen Festzug und nach anhaltenden Regenfällen auf dem Jahnplatz eine gewaltige Überschwemmung. 1956 hat man den neuen Festplatz auf den Pfefferwiesen unterm Zwieselberg in Betrieb genommen und ist von dort im Jahr 1992 auf das speziell dafür ausgebaute Festgelände unmittelbar am Schwarzen Regen umgezogen.
Zu der heute noch gültigen Programmgestaltung der Festwoche hat der seit der Gründung bestehende Grenzlandfestausschuss sehr früh gefunden. Die Zwieseler waren die ersten im Lande, die einen in der Folge oft kopierten „Tag der Alten“ eingeführt haben. Mit zum Fest gehörten über Jahre hinweg die von Oberforstrat Konrad Klotz ins Leben gerufene „Holzhauerolympiade“, ein Sportprogramm, der sonntägliche Aufzug der „Großen Wolfes“ und seit den ersten Festen nach 1949 der Zwieseler Fahnenschwinger als Festsymbol. In den späteren Jahren hat man sich erneut auf die gute Ausstellungstradition für Handel und Handwerk besonnen und einige Jahre auch die Zwieseler Glastage im Rahmen des Grenzlandfestes veranstaltet. Im Turnus von zwei Jahren wird seit 1988 auch das Geschicklichkeitsfahren der Brauereigespanne auf dem Stadtplatz durchgeführt.
Öffentliche Feste wurden in Zwiesel von jeher gefeiert, seien es nun die Kirchweihen oder Vereinsfeste, welche häufig in Form von Garten- oder Waldfesten abgehalten wurden. Dazu kamen Jahrmärkte, bei uns Kirchtag genannt, zu denen sich auch Schausteller einfanden sowie gelegentlich das Gastspiel eines Zirkus. Diese Volksbelustigungen waren eine willkommene Abwechslung im Waldler-Alltag, der noch nicht durch die Massenmedien geprägt war. Volksfeste im heutigen Sinn kannte man lediglich von den Städten „auf dem Land draußen“.
Der damals aufstrebende Markt Zwiesel wollte es diesen Städten gleichtun und lud im Jahr 1880 zum ersten Volksfest unserer Gegend. Es sollte gleich etwas Großes werden und so organisierte man nicht nur ein Volksfest, sondern verband damit auch gleich ein landwirtschaftliches Bezirksfest. Zudem gab es eine Industrie- und Gewerbeausstellung für die Amtsbezirke Regen, Grafenau, Kötzting, Deggendorf, Passau, Viechtach, Wolfstein und Bogen, um „ein möglichst vollständiges Bild über den Stand und die Leistungsfähigkeit von Industrie und Gewerbe des gesamten bayerischen Waldes zu liefern“, wie es im Programm hieß.
Ein Fest dieser Größe war dann vermutlich doch zu umfangreich, um es jährlich zu wiederholen. In der folgenden Zeit ging man nur alle paar Jahre an eine Neuauflage des Zwieseler Volksfestes. Aus dem Jahr 1884 berichtet beispielsweise die Chronik von einem „Riesenbesuch aus der weitesten Umgebung“ zu einem Pferderennen mit guten Pferden aus ganz Niederbayern, einem anschließenden Festzug und einem Velozipedrennen.
Beim Volksfest mit landwirtschaftlichem Bezirksfest 1889 erstrahlte dann erstmals elektrisches Licht. Vier große Bogenlampen mit zusammen „4800 Normalkerzen Leuchtkraft“ erhellten den gesamten Festplatz. Diese Attraktion zog „kolossale Menschenmassen“ an, wie die Bayerische Wald-Zeitung meldete und das Oberbahnamt Rosenheim genehmigte sogar Extrazüge zum Zwieseler Volksfest.
Für 1895 bewarb sich der Markt um das 3. Niederbayerische Bundesschießen und wollte in der Organisation seinen Vorgängerorten Straubing und Landshut nicht nachstehen. So baute man auf dem Festplatz eigens eine 30 m lange Schießhalle und Herr Lehrer Reitmaier komponierte für das Fest den Zwieseler Schützenmarsch. Eingerahmt wurde das gelungene Volksfest durch einen Festzug, ein Trabrennen und Vorführungen des Turnvereins.
In den folgenden Jahren gab es noch Volksfeste mit einem Niederbayerischen Kreislandwirtschaftsfest (1897), mit einer Wanderversammlung Bayerischer Landwirte (1901), einem Niederbayerischen Zimmerstutzen-Bundesschießen (1910) und landwirtschaftlichen Ausstellungen (1911 und 1913) bis dann das Volksfest 1936 eine jährliche Regelmäßigkeit und den Namen „Grenzlandfest“ erhielt.
Die großen niederbayerischen Volksfeste haben ihre Wurzeln im Münchner Oktoberfest und dem damit verbundenen Zentrallandwirtschaftsfest. Anläßlich der Hochzeit des bayerischen Kronprinzen Ludwig und der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen im Jahre 1810 veranstalteten die Münchner zur Huldigung ein großes Pferderennen. Wegen des glänzenden Erfolges wurde dieses Rennen in den folgenden Jahren wiederholt und mit einem Landwirtschaftsfest verbunden; das Oktoberfest war geboren. Ein „landwirtschaftlicher Verein“ hatte sich zum Ziel gesetzt, die rückständige Landwirtschaft in Bayern zu verbessern. Um die Bauern zum Fortschritt anzuregen, bot man neben dem Zentrallandwirtschaftsfest in München kleinere Landwirtschaftsfeste in den einzelnen Kreisen. Im Unterdonaukreis, der in etwa dem heutigen Regierungsbezirk Niederbayern entspricht, fand das erste derartige Fest 1812 in Straubing statt, womit das Gäubodenfest entstand.
In den Folgejahren wurden die Kreislandwirtschaftsfeste abwechselnd in Straubing und der Kreishauptstadt Passau abgehalten, bis 1840 auch Landshut und 1869 Deggendorf in die Veranstaltungsorte mit aufgenommen wurden. Im Jahr 1897 erhielt Zwiesel den Zuschlag. Für den kleinen aber aufstrebenden Markt im Bayerischen Wald galt es als große Ehre, in einer Reihe mit den stolzen Städten an Donau und Isar zu stehen. Entsprechend viel Mühe gaben sich die Waldler bei der Ausrichtung.
Der ursprüngliche Sinn der Landwirtschaftsfeste, die Bauern mit Viehausstellungen und Prämierungen zu Leistungssteigerungen anzuregen, wurde im Lauf der Jahre ausgeweitet, beispielsweise durch Ausstellungen landwirtschaftlicher Geräte oder durch Abhalten von Pferderennen. Schließlich nahmen die Feste immer mehr Volksfestcharakter an mit Festzügen, Festschießen, Glückshafen und Schaubuden sowie Wein- und Bierzelten. Auch damit wurde dem Rechnung getragen, womit Kronprinz Ludwig, der spätere König Ludwig I., die Genehmigung des ersten Oktoberfestes begründete: „Volksfeste freuen mich besonders, sie sprechen den National-Charakter aus, der sich auf Kinder und Kindes-Kinder vererbt.“
1880 | Erstes Volksfest in Zwiesel, verbunden mit einem landwirtschaftlichen Bezirksfest und einer Industrie- und Gewerbeausstellung |
1884 | Volksfest mit Pferderennen, Festzug und Veloziped-Rennen |
1889 | Volksfest mit landwirtschaftlichem Bezirksfest |
1895 | Volksfest mit Niederbayerischem Bundesschießen |
1897 | Niederbayerisches Kreislandwirtschaftsfest |
1901 | Volksfest mit 37. Wanderversammlung Bayerischer Landwirte |
1908 | Nach Bitten des Marktes Regen verzichtet die Stadt Zwiesel auf ein Volksfest, da in Regen schon 15 Jahre kein Fest mehr abgehalten wurde. |
1910 | Volksfest mit Niederbayerischem Zimmerstutzen-Bundesschießen |
1911 | Volksfest mit landwirtschaftlicher Ausstellung |
1913 | Volksfest mit landwirtschaftlicher Ausstellung |
1922 | Geplante Herbstdult wird abgesagt. |
1924 | Abhaltung eines Volksfestes lehnt der Stadtrat ab. |
1936 | Erstes Grenzlandfest, organisiert von einem privaten Festausschuss um Hugo Stoiber |
1939 | Letztes Fest vor dem Zweiten Weltkrieg |
1949 | Wiederbelebung des Grenzlandfestes durch die Stadt, künftig jährlich abgehalten. |
1954 | Festzug zum 50. Jahr der Stadterhebung, Überschwemmung am Festplatz |
1956 | Verlegung des Festplatzes vom Jahnsportplatz auf die Pfeffer-Wiese |
1979 | Festzug zum 75. Jahr der Stadterhebung |
1986 | Festzug „50 Jahre Grenzlandfest“ |
1993 | Einweihung des neuen Festplatzes |
2004 | Festzug zum 100. Jahr der Stadterhebung |
2005 | Festzug „75 Jahre Grenzlandfest“ |
Es muss schon ein besonderes Gefühl gewesen sein für die Zwieseler, als sie im Juli 1949 nach 10 Jahren kriegsbedingter Pause wieder ihr Grenzlandfest besuchen und an die seit 1880 bestehende Tradition der Zwieseler Volksfeste anknüpfen konnten. Jahrelang hatte man mit großen Einschränkungen leben müssen und Not erlitten. Selbst die wichtigsten Nahrungsmittel waren rationiert und nur mit Lebensmittelkarten zu erhalten. Das bayerische Nationalgetränk wurde lange Zeit nur als wenig begehrtes Dünnbier ausgeschenkt. Dann kam das erste Grenzlandfest nach der Währungsreform, organisiert von einem neuen Festausschuss, weil sich der vor dem Krieg bestehende Ausschuss aufgelöst hatte. Die Veranstalter quälten sicherlich im Vorfeld Bedenken, ob das Geld bei den Zwieselern wieder so locker sitzt, dass sie die junge Deutsche Mark fürs bloße Vergnügen ausgeben, angesichts des großen Nachholbedarfs für Güter aller Art.
Selbst die größten Optimisten waren überrascht, was dann geschah: Der als Volksfestplatz verwendete Jahnsportplatz bot alles, was ein traditionelles Volksfest ausmacht, vom Bierzelt der Janka-Brauerei und einer Weinhalle über mehrere Spielbuden und Kinderprater, einer Spiegelbelustigung, einer Varietee-Schau bis hin zum Autoscooter und sogar einem Riesenrad. Der Schausteller Xaver Stranninger brachte obendrein eine Schießbude, obwohl der Besitz von Schusswaffen bis vor kurzem von den amerikanischen Besatzungsmächten noch streng verboten war. Auch Essenstände fehlten nicht; neben Obst, Süßwaren, Limonaden und Wurst, waren fünf Eisstände vertreten und ließen die zurückliegenden mageren Jahre vergessen.
Das Rahmenprogramm wuchs förmlich über alles Gewohnte hinaus. Man griff wieder die schon vor dem Krieg erfolgreiche Kunst- und Gewerbeausstellung in der Knabenschule auf und band die örtlichen Vereine mit zahlreichen Veranstaltungen in das Festprogramm ein. So veranstaltete der SC Zwiesel einen Stafettenlauf, der Bayerwaldverein seine überörtliche Jahreshauptversammlung, die Liedertafel ein Konzert in der Weinhalle und die Feuerwehr ihr 80jähriges Gründungsfest. Höhepunkte waren auch ein Festturnen mit bengalischer Beleuchtung, eine große Illumination des Stadtbildes sowie ein Brillantfeuerwerk, für das die Stadt die damals sehr beachtliche Summe von 543 Mark ausgab.
Es verwundert nicht, dass dieses Fest nicht nur die Zwieseler und die damals in Zwiesel einquartierten über 2.000 Flüchtlinge begeisterte. Aus dem ganzen Bayerwald strömten Besucher mit Sonderbussen der Reichspost aus Viechtach, Lam, Freyung und Passau heran und die Reichsbahn verkaufte im Umkreis von 75 km Sonderrückfahrkarten für das Fest. Einem unüberhörbaren Paukenschlag gleich war das Grenzlandfest nach langer Pause plötzlich wieder da.
Zum Grenzlandfest gehören natürlich Lichter, um die Abende zu verlängern, eine Beleuchtung, um auf die Schaugeschäfte hinzuweisen und Kraft, um die Karussells anzutreiben. Dafür liefern die Stadtwerke an den neun Festtagen etwa 25.000 kWh Strom. Diese Menge würde für etwa acht Haushalte das ganze Jahr reichen. Schausteller und Festwirte sind zwar bemüht, Strom zu sparen, etwa durch den Einsatz von LED-Technik, ein unabdingbarer Bedarf bleibt trotzdem.
Bei der ersten Elektrisierung zum Ende des 19. Jahrhunderts gehörten die Zwieseler zu den Vorreitern. Das erste Elektrizitätswerk der Welt stand 1878 beim Schloss Linderhof, wo es die Grotte des Märchenkönigs Ludwig II. beleuchtete. Die erste Stromübertragung über eine längere Strecke gelang Oskar von Miller 1882 von Miesbach nach München. Beim Zwieseler Volksfest gab es erstmals 1889 elektrischen Strom. Damals berichtete die Bayerische Wald-Zeitung: „…die elektrische Beleuchtung des Festplatzes mit 4 großen Bogenlampen von zusammen 4800 Normalkerzen Leuchtkraft wurde beschlossen und wird dieselbe unter Benützung der von Herrn Mader zu Lohmannmühle gütigst überlassenen Wasserkraft der elektrotechnischen Fabrik des Joh. Weiß in Landshut übertragen resp. wird nach Antrag des Hrn. Bürgermeister Janka dem Hrn. Weiß eine bestimmte Summe für die Ausführung geboten und dürfte deren Annahme keinem Zweifel unterliegen. Dieser Beschluß ist um so mehr zu begrüßen als bisher bei keinem Feste im bayer. Walde elektrische Beleuchtung verwendet wurde und Zwiesel auch hiemit wieder an der Spitze marschiert.“
Dieser Lokalpatriotismus scheint nicht enttäuscht worden zu sein. Während des Festes berichtete die Zeitung, dass der ganze Festplatz „taghell mit Licht überflutet sei“ und man „komme so nach und nach in jene selige Stimmung, die uns bald über alle Mängel des Daseins erhebt“. Der Veranstalter des Festes, das „Lokalkomite des landwirthschaftlichen Vereinsfestes“ ließ sich die Beleuchtung die für damalige Verhältnisse große Summe von 484,30 Mark kosten. Im Vergleich dazu: Das Feuerwerk kostete lediglich 120 Mark. Erst 1897 erstrahlte die Straßenbeleuchtung in Zwiesel mit elektrischem Strom; auch hier war Zwiesel der erste Ort im Bayerischen Wald.
Das Grenzlandfest kann sich rühmen, einen der modernsten Festplätze weit und breit als Heimstatt zu haben. Sowohl die gute Erschließung, der saubere Schotterrasen, eine ansprechende Eingrünung als auch die modernen Ver- und Entsorgungsanlagen werden von den Schaustellern ausnahmslos gelobt. Der nur einige Jahre alte Platz hatte aber weniger komfortabelere Vorgänger. Die ersten Volksfeste in Zwiesel wurden zum Ausgang des 19. Jahrhunderts auf der Kramerscheibenwiese abgehalten, am rechten Ufer des Kleinen Regen beim späteren Lohmannmühlsportplatz. Diese Wiese des Bierbrauers Adam Janka war vom Marktplatz aus leicht erreichbar und zur Anbindung nach Süden schlug man einen Steg über den Regen. Der „Schnierlesteg“, benannte nach dem Anwesen des Seilermeisters Schnierle, wurde zu jedem Fest neuerlich errichtet, um „den Verkehr der Angerbevölkerung mit dem Festplatze“ zu erleichtern, wie es in der Chronik heißt.
Erst ab 1936 gab es jährliche Volksfeste, die den Namen „Grenzlandfest“ trugen. Sie wurden auf dem Jahnplatz abgehalten. Nachdem dieser Sportplatz, wie damals üblich, mit Kohlenlösche aufgefüllt war, lag bei trockenem Wetter einiges an Staub in der Luft. Schlimmer war allerdings noch, dass ausgerechnet beim Grenzlandfest zum 50jährigen Stadtjubiläum 1954 nach anhaltenden Regenfällen der Große Regen über seine Ufer trat und den Festplatz gewaltig überschwemmte.
Daraufhin beschloß man, das Grenzlandfest auf die Pfefferwiese auszulagern, zwischen dem Bräustüberl und dem damaligen Eisweiher der Brauerei. Um die Patienten des naheliegenden Krankenhauses zu beruhigen, spendierte man ihnen beim ersten Fest 1956 kurzerhand Freibier und nach dem Fest konnte man dem Krankenhausträger berichten, dass sich kein Patient vom Fest belästigt gefühlt hätte. Trotz vieler Aufschotterungen merkte man aber immer wieder, dass dieser Festplatz in ein ehemaliges Flußbett gebaut wurde. Daran änderte auch die 1975 durchgeführte Teerung der Ringstraße nicht viel.
So entschied sich die Stadt, den angrenzenden SV-Sportplatz zu übernehmen und nach einem umfangreichen Bodenaustausch den heutigen modernen Festplatz zu errichten. Der Bau kostete drei Millionen DM, wobei sich der Freistaat Bayern mit einem Zuschuß von fast einer Million DM beteiligte. 1992 konnte man erstmals den neuen Platz benutzen, auch wenn er erst 1993 im Rahmen eines großen gemeinsamen Festes vieler Zwieseler Vereine eingeweiht wurde.
Wenn heute die Familie Stranninger mit ihrem Verlosungswagen auf dem Festplatz die kleinen und großen Besucher dazu verleitet, ihr Glück zu versuchen, baut sie damit auf eine sehr lange Tradition auf. Bis zu vier Warenverlosungen waren früher beim Grenzlandfest zu finden, darunter über viele Jahrzehnte auch ein Stand des Bayerischen Roten Kreuzes. Die außergewöhnlichste Spielstätte Fortunas war allerdings der Glückshafen.
Schon bei den ersten Volksfesten in Zwiesel wurde ein Glückshafen eingerichtet. Die Chronik berichtet vom „Landwirthschaftlichen Vereinsfest“ 1889, dass man sogar ein „Glückshafencomite“ bildete, in dem sich Honoratioren um den Ablauf der Warenverlosung kümmerten. Der Stand wurde nach dem Gefäß benannt, aus dem die Loszettel gezogen wurden und der Erlös kam der Armenpflege zugute. Schließlich konnte man 1889 einen Reingewinn von über 600 Mark an die „hiesige Armenkassa“ abführen. Das war ein ansehnlicher Betrag, wenn man bedenkt, dass der gesamte Festzug nur 209 Mark kostete. Dieser Erfolg kam hauptsächlich dadurch zustande, weil zum Teil gespendete Gewinne verlost wurden. Dies waren hauptsächlich Haushaltsartikel und Waren des täglichen Bedarfs. Beim Volksfest 1895 nennt die Chronik „1 Sopha und mehrere Regulateure“ (Pendelwanduhren) als Hauptgewinne.
Für das erste Grenzlandfest 1936 baute man sogar ein eigenes Holzhaus, das bis 1974 an zentraler Stelle auf dem Festplatz aufgestellt wurde und der Zwieseler „Fortuna“ als Domizil diente. Die älteren Zwieseler werden sich noch daran erinnern, wie der Schneidermeister Hans Kilian nach jedem Hauptgewinn die glücklichen Gewinner eines Fahrrades, Staubsaugers, Bügeleisens usw. im Festzelt vorstellte.
Vom Grenzlandfest 1956 wird berichtet, dass der Glückshafen den Bedürftigen der Stadt wiederum 3.000 Mark als Weihnachtsspende zur Verfügung stellen kann. Seit Wiederaufnahme des Grenzlandfestes nach dem Krieg seien so (bis 1956) über 20.000 Mark als Weihnachtshilfe an Bedürftige geleistet worden. Dies veranlasste den Chronisten zu folgender Feststellung: „Alle diese sozialen und caritativen Leistungen des Grenzlandfestes, die nach dem Grundsatz `Alle sollen teilhaben` gegeben werden, rechtfertigen nicht nur die Abhaltung dieses Sommervolksfestes, sondern geben ihm noch dazu einen schönen Gemeinschaftssinn.“
Eine ganz besondere Rolle bei einem Volksfest nimmt der Festwirt ein. Er ist derjenige, der für das leibliche Wohl der Besucher zu sorgen hat und mit dieser Aufgabe ist ein hohes Ansehen verbunden. Bis in die 1980er Jahre hinein waren Festwirte beim Grenzlandfest entbehrlich. Die Brauereien boten Bier und andere Getränke an und für Speisen hatte man Verpflegungsstände wie die Hendlbraterei Max Überreiter aus Straubing, den „Kasstand“ von Heinz und Maria Högl oder den städtischen „Wurstpalast“, der von Zwieseler Metzgern betrieben wurde.
Erst als das Verlangen nach einem Vollservice im Festzelt aufkam, brauchte man auch Festwirte. Im Jahr 1984 übernahm der Gastwirt und Metzger Michael Rankl sen. diese Aufgabe im Auftrag der Brauerei Pfeffer. Nach seinem Tod 1991 gingen das Geschäft und gleichzeitig die Rolle des Festwirtes auf seinen Sohn Michael über. Mit Beate Kauer und Gerd Bredl aus Deggendorf kamen 1996 erstmals „Reisende Festwirte“ nach Zwiesel, also Festwirte, die im Jahreslauf verschiedene Volksfeste bedienen. Unter ihrer Regie gab es manche Neuerung im Grenzlandfestzelt, besonders hinsichtlich Service und Dekoration. Sie blieben bis zum Grenzlandfest 2003. In diesem Zeitraum übernahmen auch Lothar Pledl (1997) und Rudi Eichinger (2002) die Partie des Festwirtes.
Eine neue Ära des Grenzlandfestes begann, als 2004 der Zwieseler Metzgermeister Toni Schmid mit seiner Ehefrau Inge das Festzelt betrieb. Er ließ sich zahlreiche Verbesserungen im Zelt einfallen und legte sehr viel Wert auf überregional bekannte Musikgruppen und auf außergewöhnliches Rahmenprogramm. Im Jahr 2008 wurden die Grafenauer Konrad Nätscher und Alfred Süß verpflichtet, die sechs Jahre lang das Festzelt bewirteten. Seit 2014 sorgen Andreas und Sabine Widmann aus Marzling für das Wohl der Grenzlandfestbesucher und haben sich dazu auch für die nächsten Jahre verpflichtet.
Aufgabe des Festausschusses ist es, grundlegende Entscheidungen zur Organisation des Grenzlandfestes zu treffen. Er ist ein offizieller Ausschuss des Stadtrates mit acht Mitgliedern, entsandt von den einzelnen Fraktionen, und dem Bürgermeister als Vorsitzenden. Hinzu kommen noch vier beratende Mitglieder als Vertreter der beim Grenzlandfest eingebundenen Organisationen: Bayerisches Rotes Kreuz, Heimatverein, Polizei und Stadtmarketing.
Die Zusammensetzung des Festausschusses hat sich in der Geschichte häufig geändert. So wurden die ersten Volksfeste in Zwiesel vom „Landwirthschaftlichen Lokalverein“ organisiert, da mit ihnen immer landwirtschaftliche Ausstellungen und Wettbewerbe verbunden waren. Mitglieder waren weniger Landwirte, als viel mehr Honoratioren des damaligen Marktes. Nachdem der eigentliche Zweck des Vereins die Abhaltung von Volksfesten war, entschloss man sich 1895 ihn in „Volksfestverein“ umzubenennen. Die Volksfeste wurden erst ab 1936 jährlich durchgeführt und erhielten von da an den Namen „Grenzlandfest“. Organisiert wurden sie nun von einem privaten Festausschuss mit einer Hand voll Idealisten um den Süßwarenhändler Hugo Stoiber. Nach der kriegsbedingten Unterbrechung löste sich dieser Ausschuss auf und stellte sein Vermögen der Stadt zur Verfügung. Diese hob einen neuen Grenzlandfestausschuss aus der Taufe, unter dem Dach der Stadt, jedoch mit gewissen Eigenständigkeiten. Mitglieder waren Stadträte und eine Reihe interessierter Bürger. Nachdem diese Konstellation auf rechtlich unsicheren Beinen stand, entschloss man sich 1991 zu einem offiziellen Ausschuss des Stadtrates, lediglich ergänzt mit beratenden Mitgliedern.
Vorsitzende des Grenzlandfestausschusses:
Stoiber Hugo (1936 – 1939)
Pfeffer Adam (1949)
Weikelstorfer Karl (1950 – 1959)
Billmeier Siegfried (1960 – 1963)
Huber Max (1964 – 1966)
Weikelstorfer Karl (1967 – 1969)
Brunner Karl (1970 – 1978)
Wernicke Kurt (1979 – 1985)
Dötsch Josef (1986 – 1991)
Feitz Alois (1992 – 1999)
Zettner Robert (2000 - 2010)
Steininger Franz Xaver (2011 - 2021)
Pfeffer Elisabeth (seit 2021)