Ohne Kettenprater kann man sich ein bayerisches Volksfest vielleicht noch vorstellen, ohne Bier aber nicht. Es gehört einfach dazu wie der Knödel zum Schweinsbraten. Beim Grenzlandfest bietet zwar nur eine Brauerei ihren Gerstensaft zum Genuss an, die anderen Bayerwald-Brauereien präsentieren aber ihre herrlich geschmückten Bierwägen und strammen Rösser alle zwei Jahre beim Brauereiwagen-Geschicklichkeitsfahren. Dies ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen sich unsere Heimatbrauereien gemeinsam darstellen können. Die Brauereien-Landschaft in Bayern ist ja einmalig auf der Welt. Innerhalb der weiß-blauen Grenzpfähle arbeiten zwar nur noch etwa 700 Brauereien, während es 1960 noch 1000 mehr waren; es sind aber immer noch 41 Prozent aller Braustätten der gesamten Europäischen Union.
Jeder Ort, der etwas auf sich hält, hat mindestens eine Brauerei und Brauhäuser haben bei uns meist eine lange Tradition. Wie ein Kenner einmal treffend feststellte, ist in Bayern jede zweite Brauerei doppelt so alt wie die Vereinigten Staaten von Amerika. Diese Vielfalt, gemischt mit Jahrhunderte langer Erfahrung, verursacht den unvergleichlichen Reiz des bayerischen Bieres. Während in Nord- und Westdeutschland die Bierfabriken dominieren mit einem Bierausstoß von bis zu 5 Millionen Hektoliter im Jahr, hat in Bayern jeder "seine" Brauerei, auf deren Produkte er schwört.
Die heimischen Kleinbrauereien haben aber einen schweren Stand. Große Bierkonzerne drängen auf den bayerischen Markt, versuchen mit Hilfe der Massenmedien, den Bayern das Pils schmackhaft zu machen. Herhalten muss dafür so manches von der Dresdener Semperoper bis zu einem flaschengrünen Segelschiff. Hoffentlich erhält uns Gott nicht nur Hopfen und Malz, sondern auch unsere bayerischen Braumeister!
Seit Beginn des Grenzlandfestes sorgten die beiden örtlichen Brauereien Janka und Pfeffer jährlich abwechselnd für das Festbier. Eine Ausnahme bildet hier nur das Gründungsjahr 1936, als beide Brauereien eigene Bierhallen auf dem Festplatz belieferten. Bei früheren Volksfesten in Zwiesel war eine Auswahl verschiedener Biere nichts Ungewöhnliches. So berichtet die Chronik vom Volksfest 1889, dass dort in den „nicht kärglich vorhandenen Bierbuden“ mancherlei Bier angeboten wurde:
Jankabräu Zwiesel (Bierhalle Schinabeck)
Pfefferbräu Zwiesel (Pfeffer´sche Bierhalle)
Schloßbrauerei Oberzwieselau (Oberzwieselauer Hütte)
Jesuitenbrauerei Regensburg (Schweikl´sche Bierhütte)
Hackerbräu München (Bierbude J. A. Röck)
Löwenbräu München (Kammermeier´sche Schützenhalle).
Daneben wurde in der Pfeffer´schen Bierhalle auch Mainzer Bier ausgeschenkt, wobei die Maß statt der üblichen 25 - 30 Pfennig gar 40 Pfennig kostete. Der Chronist gibt zu, dass „dessen Güte allerdings den etwas ungewöhnlichen Preis vollständig ausgleicht“. Die Bierqualität größerer Brauereien mag auch ein Grund gewesen sein, dass trotz der damals neun in Zwiesel ansässigen Brauereien auswärtiges Bier beim Volksfest getrunken wurde.
Vielfach waren es jedoch kleine Hausbrauereien, die einen größeren Ausstoß nicht bewerkstelligen konnten. Die damals in Zwiesel herausgegebene Bayerische Wald-Zeitung nennt 1888 die örtlichen Brauereien, aufgelistet nach deren Malzverbrauch: Adam Janka, von Poschinger, Michael Pfeffer, Nikolaus Weinberger, Rupert Hilz, Max Kammermeier, Ludwig Ranzinger, Josef Ponholzer, Josef Pfeffer. Bereits 1890 berichtet dieselbe Zeitung:
„...da hörte man ein stolzes Lob über die rasche erfreuliche Besserung unserer Bierverhältnisse, da hörten wir, daß jeder Brauer wetteifert, das beste Bier herzustellen, daß aber auch jetzt die Biere Zwiesel´s auf einer Höhe stünden, die jede innere wie äußere Concurrenz aushalten könne. Dies freut uns, daß Zwiesel keine Concurrenz scheuend, immer vorwärts strebt und gerade durch die Concurrenz angestachelt wird, immer Besseres zu leisten...“
Das ist mit Sicherheit die meistgespielte Melodie beim Grenzlandfest und so mancher Gast wird schon versucht haben zu berechnen, wie viel Bier nach dieser Pflichtübung im Zelt zeitgleich durch die durstigen Kehlen rinnt. Man könnte meinen, dieser Trinkspruch wäre die urigste aller bayerischen Melodien. Dem ist aber nicht so, sie stammt nämlich von einem waschechten „Preißn“, einem Bernhard Dittrich aus Chemnitz. Verbreitet wurde der Gesang vor allem durch Georg Lang, von 1898 bis 1904 Wirt auf dem Oktoberfest, der als Erfinder der Bierzeltstimmung gilt. Er unterhielt eine eigene Festkapelle und führte 1899 diesen Trinkspruch ein. Mit Textheften brachte er seine Stimmungslieder unter die Leute und machte mit Postkarten und Werbeartikeln auf seine Musik aufmerksam, auch wenn so mancher Zeitgenosse von seinen Liedern nicht angetan war. Bis heute kommt aber keine Volksfestmusik mehr ohne das „Prosit“ aus. Das Wort kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „es möge nutzen“. So wussten also die alten Römer schon, wie wohltuend ein guter Schluck ist...
Eine unendliche Geschichte sind die Diskussionen um den Bierpreis. Freilich gibt es heute keinen „Bierkrieg“ mehr, wie ab dem Jahr 1844, als bei regelrechten Schlachten viele Verletzte und sogar einige Tote in Bayern zu beklagen waren. Auslöser der Tumulte war damals eine Erhöhung des einheitlichen Bierpreises, des „Biersatzregulativs“, von sechs auf sechs ½ Kreuzer pro Maß.
Heute beschränkt sich die Kritik am Bierpreis in der Regel auf ein Nörgeln und Frotzeln am Biertisch. Bei den ersten Zwieseler Volksfesten ab dem Jahr 1880 zahlte man etwa 30 Pfennig für eine „preußische“ Maß, welche 1872 die bis dahin übliche 1,069 Liter fassende bayerische Maß ablöste. Von nun an blieb der Bierpreis ziemlich stabil, bis dann Anfang der 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts die Inflation einsetzte, zu deren Höhepunkt Ende November 1923 für eine Maß Bier in Zwiesel 400 Milliarden Mark bezahlt werden mußten.
Bei den ersten Grenzlandfesten ab 1936 hatte man bereits wieder eine stabile Rentenmark, die man auf den Tisch legen mußte, um sich an einer frischen Maß erfreuen zu können. Nach dem Krieg bewegte sich der Bierpreis kontinuierlich nach oben. Während man im Jahre 1950 noch für 1.20 DM eine Maß bekam, zahlte man im Jahr 1960 bereits 1.50 DM und im Jahr 1970 sogar 2.30 DM. Diese schleichende Inflation zeigte sich auch im Bierpreis 1980 mit 4.- DM, 1990 mit 5.90 DM und im Jahr 2000 mit 9.20 DM. Wenn wir heute die Order „No a Maß!“ geben, müssen wir etwa 7 Euro bereithalten.
Das ist schon ein rechtes Kreuz mit dem bekanntesten aller bayerischen Schankgefäße. Nicht genug, dass uns die Preußen 1872 unsere seit 1809 geltende bayerische Maß kleiner machten, nämlich von 1,069 l auf 1,000 l. Das wurde dann 1981 mit der Einführung des Eurokruges wieder etwas ausgeglichen, indem man den Krug um einen Schaumrand vergrößerte, auch wenn der Inhalt damit nicht unbedingt mehr wurde. Vor Jahren erreichte uns aber ein weiterer Schlag, diesmal durch die Rechtschreibreform: Die Maß soll künftig eine Mass sein. Nachdem das nicht irgendein Wort ist, sondern eine bierernste Angelegenheit, bleiben die Bayern stur und schreiben die Maß immer noch mit ß, auch wenn der Duden nicht ganz diese Meinung vertritt. Ob Maß oder Mass: Den meisten Grenzlandfestbesuchern wird wichtiger sein, dass sie gut eingeschenkt und nicht zu teuer ist.
Es gibt aber noch eine Reihe anderer Bierschankmaße in Bayern, zum Teil sehr gebräuchlich, zum Teil kaum mehr bekannt. Die Halbe (0,5 l) ist in Altbayern wohl jedem ein Begriff; nicht mehr im Sprachgebrauch hingegen ist das Köpfl, die Hälfte der alten bayerischen Maß (also 0,535 l). Ebenso weitgehend unbekannt sind heute das Seidl (0,3 l evtl. 0,5 l) und das Quartl (0,25 l). Gelegentlich hört man beim Grenzlandfest noch das Schankmaß Pfief (0,2 l evtl. 0,12 l), wenn beispielsweise jemand vom Schankkellner einen Schluck Freibier erbittet.
An den neun Tagen des Grenzlandfestes gilt eine besondere Währung, die von vielen weit höher geachtet wird als der Euro, auch wenn es sich nur um ein Stück bunten bedruckten Karton handelt, für den man eine Maß Bier eintauschen kann. Diese Biermarken haben für viele Festbesucher einen ideellen Wert, der nicht mit dem Aufdruck zu vergleichen ist. Für manchen Biermarkenbesitzer dürfte es weit ansehnlicher sein, der Bedienung eine Marke zu überreichen, als sein Bier mit alltäglichem Bargeld zu begleichen.
Biermarken hatten früher allerdings einen ganz anderen Zweck. Sie dienten seit dem 19. Jahrhundert als Rechenhilfsmittel zwischen Bedienung und Wirt. Zu Beginn der Arbeit erhielt die Bedienung eine gewisse Menge an Biermarken, die damals noch münzähnlich aus Messing, Zink, Alu oder später aus Plastik gestaltet waren. Für jedes ausgegebene Bier überreichte sie dem Schankkellner eine Biermarke zur leichteren Abrechnung. Diese Methode wurde entbehrlich durch die spätere Verwendung von Bonbüchern und die heutigen Registrierkassen. Bei Volksfesten steht jedoch meist an der Schänke noch eine so genannte Biermarkenkasse, in welche die Bedienungen ihre „Zeichen“ legen. Die Biermarken werden heute noch gelegentlich „Bierzeichen“ genannt, obwohl dieser Begriff ursprünglich für Steuer- und Zollaufschlagszeichen verwendet wurde. Zusätzlich dienten Biermarken den Brauereien als Gutscheine für den Haustrunk, eine bestimmte Menge kostenfreies Bier, das den Brauereimitarbeitern von alters her zusteht. Dadurch kamen Biermarken in Umlauf und entwickelten sich zu einer Art Währung.
Heute werden Biermarken aus Karton hergestellt und vom Festbräu oder Festwirt jährlich neu aufgelegt. Sie können von jedermann gekauft werden als Geschenk an Mitarbeiter, Geschäftspartner oder für den eigenen Bedarf. Dabei ist eine gute Kalkulation des Bedarfs wichtig, denn am Montag nach dem Grenzlandfest sind die Biermarken tatsächlich nur noch bunter Karton. Eingeweihte wissen deshalb auch, dass die Chance, eine Biermarke geschenkt zu bekommen, am letzten Festtag abends am größten ist...
Wie fast auf jedem bayerischen Volksfest wird das Bier auch beim Grenzlandfest in einem Edelstahlcontainer angeliefert und ist damit hygienisch einwandfrei und leicht kühlbar. Bevor es aber in den Maßkrug schäumt, durchläuft es aus optischen Gründen einen „Hirschen“. So nennt man in Bayern ein 200-Liter-Fass. Der Name kommt vermutlich davon, dass die bayerischen Könige bei ihren Jagden, die regelmäßig im königlichen Hirschgarten zu München begannen und endeten, ihrer Jagdgesellschaft ein 200-Liter-Fass Bier spendierten.
Holzfässer werden heute nur noch selten verwendet und die Zunft der Fassbinder oder kurz Binder genannt, ist so gut wie ausgestorben. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es noch 1800 Binder in Bayern. Nur vereinzelt gehen heute noch Handwerker diesem Gewerbe nach, das früher so große Bedeutung hatte. Es waren in Oberbayern die Schäffler, in Franken die Büttner und nördlich von Bayern die Böttcher oder Küfer, die dafür sorgten, dass Flüssigkeiten und Lebensmittel in stabilen Gefäßen verwahrt werden konnten.
Der Binderanger in Zwiesel war im früheren Markt der Sitz mehrerer Binder. Einige Familien stellten dort zum Teil über Generationen neben Bierfässern auch Krautfässer, Wasserzuber und Holzgeschirr her. Überliefert sind die Familien Kilian, Wendl, Schweikl sowie Werner, die auch einen Ableger am Rotwald hatten, dem heute noch bekannten Werner-Häusl. Über 200 Jahre lang blühte dort am Binderanger das Geschäft. Hauptabnehmer waren die damals im Markt ansässigen zahlreichen Brauereien und die umliegenden Bauern und Häusler. Es gelangten auch viele Erzeugnisse bis nach Regensburg dank der damals im Markt tätigen Flößer.
Die Fässer werden heute in der Regel aus Eichenholz gefertigt, das etwa zwei Jahre trocknen muss. Dann sind die Hölzer reif für die Bearbeitung. Gut eine Stunde kochen sie im Wasser, damit sie geschmeidig sind. Danach werden sie in die spätere Form gebogen und diese mit einer Nut versehenen Dauben in den Boden eingelegt. Stahlreifen halten das Gebinde stabil. Innen wird das Fass gepicht, also mit mehrfach destilliertem Baumharz abgedichtet.
Es ist 220 cm lang, 50 cm breit, aus Fichtenholz und einer der wichtigsten Gegenstände beim Grenzlandfest. Des Rätsels Lösung: die Bierbank. Sie ist ein sehr spartanisches Möbelstück und verleitet trotzdem so machen, es sich darauf gemütlich zu machen, sehr oft länger als geplant. Weil aber solch eine Bank nicht nur bis zu fünf gestandene Mannerleut tragen muss, sondern zu vorgerückter Stunde auch zum Tanzen und Toben dient, hat sie einiges auszuhalten.
Verwendet wird meist eng gewachsenes und astarmes Fichtenholz aus Bergregionen, das der Bank genügend Stabilität verleiht. Bei den Bankbeinen hat sich in ganz Bayern und weit darüber hinaus ein Fabrikat durchgesetzt, das Rudolf Kurz (1896-1974) aus Illertissen um das Jahr 1950 erfand. Er schuf ein Klappmöbelschloss, das die Standbeine der Bänke und Tische sowohl in aufgestelltem als auch in zusammengeklapptem Zustand einwandfrei stabilisiert. Dieses Patent wurde bis zum heutigen Tag kaum verändert und garantiert einen sicheren Stand der Möbel auch dann, wenn darauf eine Gruppe junger Festbesucher stehend „Die Hände zum Himmel“ von sich gibt.
Angeblich wurde früher die Qualität des Bieres dadurch getestet, dass man Bier auf die Sitzfläche goss, sich mit der Lederhose darauf setzte und wenn nach dem Trocknen des Bieres die Lederhose an der Bierbank festklebte, war die Bierqualität in Ordnung. Heute wird dieses Festkleben aber meist im übertragenen Sinn verstanden, wenn der vom Grenzlandfest heimkehrende Ehemann von seiner besseren Hälfte mit den Worten begrüßt wird „Bist wieda pappat bliem?“
Wir sagen das Meiste und das Ehrlichste wenn wir nichts sagen. Die Psychologen halten es für faktisch unmöglich, mit dem Körper zu lügen. Diese Körpersprache macht natürlich auch vor dem Bierzelt nicht Halt. Wenn wir am Biertisch unseren Gegenüber betrachten, wie er seinen Maßkrug zum Mund führt, werden wir Erstaunliches feststellen.
Da haben wir zunächst denjenigen, der entspannt den Henkel des Maßkrugs fasst und diesen dann ebenso ruhig wie sicher, vielleicht nach einem „Prost!“ an seine Lippen setzt. Er ist ausgeglichen und genießt die schönen Stunden im Zelt.
Wer die Maß mit beiden Händen fasst, ist eher zurückhaltend und vorsichtig. Er wird nicht auf ein kräftiges Anstoßen warten oder gar auf ein dröhnendes „Prosit der Gemütlichkeit“. Bei ihm steht die Ruhe im Vordergrund und der Wunsch, das Fest eher passiv zu genießen.
Besondere Vorsicht ist geboten bei einem, der den Maßkrug beim Anheben lässig über das Handgelenk legt. Hier hat man mit großer Wahrscheinlichkeit einen Auftreiber und Hallodri gegenüber sitzen, der noch einiges vorhat beim heutigen Grenzlandfestbesuch.
Schließlich gibt es noch den kräftigen, selbstbewussten Burschen, der den Maßkrug mit einer Hand fasst, ohne den Henkel zu benutzen, und ihn zielsicher Richtung Mund stemmt. Hier haben wir jenen, der Eindruck macht, besonders bei den weiblichen Tischnachbarn.
Es macht sicherlich Spaß, sich im Grenzlandfestzelt einige „tiefenpsychologische Erkenntnisse“ anzueignen. Dann darf man sich auch jenen Scherz erlauben, den zwar schon jede Grenzlandfestbedienung kennt, der aber immer wieder für ein Lächeln sorgt, nämlich der Wunsch nach einem Bierkrug, der den Henkel links hat…
„Das Lächeln einer Kellnerin ist so viel wert, wie der gute Schaum auf dem Bier“ meinte der Schriftsteller Ludwig Thoma. Dabei ist die Freundlichkeit nicht die einzige wichtige Eigenschaft einer Bedienung. Sie muss Kraft in den Armen haben, um zehn oder gar zwölf Maßkrüge auf einmal tragen zu können, sie muss Kopfrechnen können und sollte natürlich eine angenehme Erscheinung sein. Wenn sie schnellfüßig, Maßkrug beladen und lächelnd am Biertisch ankommt, geht dem Gast das Herz auf und wenn sie zudem ein Spaßettl verträgt oder gar selber eins macht, hat sie die Zuneigung der meisten Gäste schon gewonnen.
Dabei ist die Aufgabe der Kellnerin beileibe nicht einfach. Die Wege zwischen Schänke, Küche und Biertische summieren sich im Laufe eines Tages auf einige Kilometer und das Gewicht eines gefüllten Maßkruges mit 2,4 kg muss unzählige Male getragen werden. Sie hat zu entscheiden, ob der Gast zu jung oder zu angeheitert ist, um ihm eine Maß verkaufen zu dürfen und sie trägt auch ein finanzielles Risiko. Jeder verschüttete Maßkrug beispielsweise bedeutet für sie einen persönlichen Verlust.
Der Schriftsteller Paul Friedl war der Meinung, dass eine hübsche und freundliche Kellnerin nicht durch den besten und nettesten Ober ersetzt werden kann. „Zwar haben es die Kellnerinnen heute nicht mehr so gern, wenn man ihnen das Schürzenband aufzieht, ihren Hintern tätschelt oder sie in die Wadl zwickt, aber eine charmante weibliche Bedienung ist immer noch gefragt und gesucht…“
Gar ein Lobgedicht auf die Kellnerin verfasste der Schriftsteller Wugg Retzer, in dem es unter anderem heißt:
Sie prangt nicht mehr mit holder Mädchenblüte,
doch bringt sie manchen Gockel noch zur Balz,
hat Holz vorm Hütterl und dahinter Güte
und neben ihrem friedlichen Gemüte
ein resches Mundwerk und ein Irxenschmalz.
Sie strahlt vor Glück, wenn jeder trinkt und ißt.
Oh schnöder Undank, wo ihr das vergißt!