Diese Frage hört man oft, sobald der „Auswärts“ im Zwieseler Winkel Einzug gehalten hat. Nur wenige wissen aber, wonach sich Beginn und Ende unseres Volksfestes richten. Vor dem Zweiten Weltkrieg legten es die Initiatoren um Hugo Stoiber so, dass es am Wochenende vor Mariä Himmelfahrt (15. August) begann und bis zum darauffolgenden Mittwoch oder Donnerstag, später bis zum darauffolgenden Sonntag dauerte.
Seit 1949 nun erstreckt sich die für viele Zwieseler schönste Woche des Jahres vom Samstag vor dem drittletzten Sonntag im Juli bis zum vorletzten Sonntag im Juli. Frühestmöglicher Beginn ist somit der 10. und spätestens Ende der 24. Juli. Nur in etwa der Hälfte aller Jahre fällt die Zwieseler Kirchweih (zweiter Sonntag im Juli) in die Festwoche.
Langfristige Planer können sich an folgendem „Festkalender" orientieren:
In den Jahren | dauert das Grenzlandfest von - bis | ||
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- | 2016 | 2022 | 16. - 24. Juli |
- | 2017 | 2023 | 15. - 23. Juli |
2012 | 2018 | - | 14. - 22. Juli |
2013 | 2019 | 2024 | 13. - 21. Juli |
2014 | - | 2025 | 12. - 20. Juli |
2015 | 2020 | 2026 | 11. - 19. Juli |
- | 2021 | 2027 | 10. - 18. Juli |
Das werden sich viele Nicht-Zwieseler fragen, die den Namen der Straße lesen, welche zum Grenzlandfestplatz führt. Aber auch viele jungen Zwieseler dürften mit diesem etwas sonderbar klingenden Namen nichts anfangen können. Es ist ein Hausname, wie er früher in Altbayern zu jedem gestandenen Hof gehörte und sich auch nicht änderte, wenn die Besitzer wechselten. Baumsteftenlenz ist der Hausname eines Bauernhofes mit Mühle und Säge in Pronfelden bei Spiegelau. Diesem Haus entstammt Paul Friedl, der über Jahrzehnte hinweg in Zwiesel die Volkskultur maßgeblich beeinflusste. Er war Mundartdichter, Volksliedmacher, Kurzgeschichtenerzähler, Romanautor und vieles mehr.
Besonders verschrieben hatte er sich der Volkstrachten- und Brauchtumspflege. So gründete er mehrere Heimatvereine und auch den „Zwieseler Fink“, die erste große Volksmusikveranstaltung im Bayerischen Wald. Dieser Wettbewerb war bei der Gründung 1939 dem Grenzlandfest einverleibt und wurde erst nach dem Krieg als eigene Veranstaltung wiederbelebt. Auch sonst war Paul Friedl Ideengeber für das Grenzlandfest und Mitglied des Festausschusses. So war es naheliegend, dass man beim Neubau des Grenzlandfestplatzes 1992 die Zufahrtsstraße diesem hoch verdienten Zwieseler Bürger widmete.
Paul Friedl war ein sehr geselliger Mensch. Das Zusammensitzen, Erzählen und gemeinsame Singen war seine Leidenschaft. Er verfasste zahlreiche Gsangl, wie sie einst bei den Volkssängern beliebt waren. Eines davon passt sehr gut zum Grenzlandfest:
Da Maßkrua is mei Ideal,
an den halt i mi ei´,
wenn nur a guates Bier drinn is,
verzicht i gern a´m Wei´.
Und hübsch viel Bier und net z´viel Foam,
sunst kann i kritisch wer´n,
wenn mir amal schlecht eingschenkt wird,
tua i mi glei beschwer´n.
Dawisch i oft a weng z´viel Bier
halt i mi ein in´n Krua,
zuerst fallt er, danach fall i,
dann hamma allzwoa gnua.
Den typischen Grenzlandfest-Besucher gibt es nicht; ein Volksfest soll ja für alle anziehend sein. Trotzdem ist eine Statistik des Festausschusses, die auf einer Gästebefragung basiert, sehr aufschlussreich:
Die meisten Besucher kommen aus der Altersgruppe 30-39 Jahre (23 %) bzw. 40-49 Jahre (25 %). Unterscheidet man zwischen den Geschlechtern, so liegen die Männer leicht vorne (51 %). Der allergrößte Teil der Besucher kommt natürlich aus Zwiesel (52 %) oder aus dem übrigen Mittleren Bayerischen Wald (18 %). Gut vertreten sind jedoch auch die Feriengäste von außerhalb Bayerns (19 %).
Was die Musik angeht, unterscheiden sich die Geschmäcker erwartungsgemäß und decken ein breites Spektrum ab von Stimmungsmusik (28 %) über volkstümliche Musik (25 %) und Volksmusik (22 %) bis Schlager (10 %), Rock, Pop und Beat (6 %). Die Musik im Festzelt empfindet ein Großteil der Besucher (48 %) manchmal als zu laut, während für 26 % die Musik öfter und für 25 % nie zu laut spielt.
Ziemlich einhellig ist der Geschmack der Besucher, was das Essen und Trinken angeht. Fast drei Viertel der Besucher (72 %) bevorzugen traditionelle Volksfestgerichte wie Radi, Käse oder Hendl. Andere heimische Gerichte wünschen sich 9 % und ausländische Spezialitäten 2 %; der Rest konnte sich nicht entscheiden. Insgesamt gaben 93 % an, dass das Angebot an Speisen und Getränken ihren Erwartungen entspricht.
Ein großer Streitpunkt ist immer, in welchen Biergläsern ausgeschenkt werden soll. Die Mehrheit (66 %) ist für wahlweise Maßkrüge oder Halbekrüge, 13 % nur für Halbekrüge und der Rest verteidigt die traditionellen Maßkrüge.
Auch bezüglich der Schaugeschäfte sind die Wünsche unterschiedlich: 18 % möchten mehr Hochfahrgeschäfte, 11 % mehr Kinderfahrgeschäfte, 8 % mehr Rundfahrgeschäfte, 6 % mehr Verpflegungsstände, 4 % mehr Verlosungen und ebenfalls 4 % mehr Spielewägen. Der größte Teil (42 %) möchte aber den Festplatz so zusammengestellt haben wie bisher.
Es ist für Festausschuss und Festwirt nicht möglich, alle diese Wünsche zu erfüllen. Man bemüht sich aber, mit dem Angebot möglichst viele Gäste anzusprechen, damit der Volksfestcharakter des Grenzlandfestes erhalten bleibt.
Man findet sie noch in vielen Zwieseler Schreibtischen und Küchenkästen, die kleinen Festabzeichensammlungen aus längst vergangenen Tagen. Vor über 40 Jahren wurden letztmals die bunten Holzplättchen zum Anhängen ausgegeben als Zeichen, den Eintritt zum Volksfest beglichen zu haben. Beim ersten Grenzlandfest 1936 war man mit 20 Pfennig dabei, eingeschlossen war aber bereits der Eintritt für eine Gewerbeausstellung. Aus dem Jahr 1938 berichtet die Chronik, dass 10.000 Festabzeichen verkauft wurden, wesentlich mehr als Zwiesel damals Einwohner zählte. Nach dem Krieg, als 1949 das Grenzlandfest wieder auflebte, waren es gerade noch 2.576 Stück. Bis zum Jahre 1974 stieg aber die Anzahl der verkauften Zeichen auf 22.878, wobei eines 50 Pfennig kostete.
Sie waren in Wappenform gestaltet, trugen auf der Vorderseite den Zwieseler Ritter und auf der Rückseite den Schriftzug des jeweiligen Festbräus. Hergestellt wurden Sie in jährlich wechselnden Farben über lange Zeit von der Zwieseler "Bein- und Elfenbeinwaren-Erzeugung" Walter Nowak. Diese Erinnerungsstücke an die Grenzlandfeste wurden in den Familien gerne aufbewahrt.
Im Jahre 1975 entschloss sich der Festausschuss, keinen Eintritt mehr zu verlangen, um auf eine dem Festbild stets abträgliche Umzäunung des Festplatzes und die Beschäftigung zahlreicher Kassierer verzichten zu können.
Diesen Schritt unternahmen auch Veranstalter benachbarter Volksfeste und so kommentiert der Bayerwald-Bote 1975: "Es braucht also künftig kein Festbesucher mehr über den Zaun zu steigen und das Zerreißen der Hose in Kauf zu nehmen, wie das alljährlich der Fall war..."
Büchsen werfen, Pfeile werfen oder eine Schießbude gehören zu den Klassikern zwischen den Fahrgeschäften und bei einem Rundgang auf dem Grenzlandfestplatz möchte man natürlich bei der Begleitung Eindruck machen. Bei diesen Spielen ist aber nicht die Kraft entscheidend, sondern die Technik. Mit ein paar Tipps und etwas Übung kann man sich schnell als „Grenzlandfest-Profi“ darstellen:
Am Schießstand ist das Wichtigste, das Gewehr ruhig zu halten. Grundlage ist ein fester Stand, dann das Gewehr sauber an den Schultern ansetzen und festdrücken. Die vordere Hand umfasst das Gewehr mit einem flachen Griff, so dass es möglichst ruhig gehalten werden kann. So mancher schwört darauf, dass dies nach einer Maß Bier wesentlich besser geht.
Das Büchsenwerfen entscheidet sich beim ersten Wurf. Der sollte die unterste der vier Reihen treffen, jedoch nicht mittig. Wenn er seitig etwas versetzt gelingt, kann man möglichst viele Dosen zu Fall bringen. Ein gehöriger Schwung ist wichtig, weil Büchsen und Bälle relativ schwer sind. Gezielt wird am besten mit dem Ball auf Augenhöhe.
Schwung gefragt ist auch beim Pfeilwerfen. Die nur etwa 15 Gramm schweren Pfeile ändern ihre Flugbahn um so weniger, je mehr Geschwindigkeit sie haben. Ein Vorbeugen über den Tresen bringt nicht viel. Wichtiger ist ein sicherer Stand und die Kraft darf nur aus dem Arm kommen, nicht aus dem Körper. Am leichtesten zu treffen sind die Ballons in Augenhöhe und in gerader Blickrichtung.
So kann man richtig abräumen und sein Können unter Beweis stellen.
So mancher wird sich noch erinnern, wie er als Kind auf dem Grenzlandfest Fahrchips in der Hand hielt und auf die nächste Fahrt des Karussells wartete. Diese bunten Plastikjetons mit dem Aufdruck des jeweiligen Schaustellers steigerten noch die Vorfreude auf die bereits bezahlte Attraktion. Besonders ihre häufig bunt schimmernden Metalleffekte ließen Überlegungen aufkommen, ob nun dieser Chip für die Fahrt geopfert werden soll oder ob man ihn doch lieber für sich behalten will.
Solche Überlegungen dürften auch dazu beigetragen haben, dass Fahrchips zu einem Sammelgebiet geworden sind. Die ersten Fahrchips aus Plastik wurden in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts ausgegeben, nachdem schon vorher Abrisskarten auf Rollen verwendet wurden, später bedruckte Papierkarten oder Metallmarken. Sinn war es jeweils, den Kassiervorgang bei den Fahrgeschäften zu erleichtern. Bei den Autoskootern wurden schon in den fünfziger Jahren Chips mit kreisförmigen Erhöhungen verwendet, mit denen der Fahrgast selbst den Skooter in Betrieb setzen konnte.
Heute werden schätzungsweise 10.000 verschiedene Arten von Chips in Umlauf sein, zu denen täglich neue hinzukommen. So unüberschaubar dieses Sammelgebiet ist, so viele Erinnerungen dürften auch mit den Sammelstücken verbunden sein. Sacha Szabo hat gesammelte Fahrchips so beschrieben: Sie sind gleichermaßen Erinnerungsstücke eines Erlebnisses, das keinerlei Spuren hinterlassen hat, sie sind der einzige greifbare Zeuge eines außergewöhnlichen Erlebnisses, das der Fahrgast auf dem Karussell erlebte. Und so sind sie Zeugnisse von etwas nicht bezeugbarem.
Das Grenzlandfest geht heut' no o
Juhu, da san ma glei' dabei,
Z`erscht rennen d'Turner um die Boh',
Na ziag'n ma alle ei' mit'm Bräu.
Die erste Maß vom Pfeffer wird glei' g'stemmt
Auf's Wohl von unser'm Heimatland
Und nacha wird no' g'hetzt und g'rennt
Zum Brot- und Würstlstand,
Denn wenn da Mag'n ganz lar
Na is' de Freid' net groß
Und d'Händ is' nacha a net schwar
Und ziagat nia dös große Los.
Dö Geista in da Geistabahn,
Dö wer'n na seufz'n, nimma lacha,
Wenn mia mit uns'ra Waldlerschwarn
Eah' acht Tag z'schaffa macha.
D'Achterbahn, ja da schaugt's her,
Da muaß ma z'erscht a bißl lurn und b'sinna,
Geht's eina nur! ruckts noahat her
In dera Teufelskutschn höat ma d'Eng'l singa.
Mit dö Auterl fahr'n ma nacha.
Da brauchst du gar koan Führerschein.
Wenn d'Wagln kracha, brauchst bloß lacha
Koa Schupo kommt da hinterdrein.
Jetzt müaßma wieda weiterdrudln.
Der Meisterschuß, der is' glei` g'macht.
Dö Karusell soll'n a nöt umasunst grad dudln,
Nur rein in's Riesenrad, dös is' a Pracht.
Und der Lukas! No geh her: „I hau di".
Jetzt is' ma fei' scho richti hoaß in dem Gewirr.
Dös Bier ist längst verschwitzt mit dera Gaudi,
D'rum zieh'n wir fröhlich ein beim Kasimir.*
* Kasimir Hochholzner betrieb einen Weinstadel auf dem Festplatz
(Gedicht zum Grenzlandfest 1950 von einem unbekannten Verfasser)
Zu eng sind jetzt schon die vier Wände.
Auf geht’s zum Grenzlandfestgelände.
Wo rauschend branden Stimmungswogen,
da wird man magisch hingezogen.
Zankt deine Frau, so nimm sie mit,
das ist der beste Ehekitt.
Schieß ihr die schönsten Blumenorden,
dann schweigt sie bei Musikakkorden.
Im Festzelt will sich niemand schonen,
das bringt dann Kettenreaktionen:
Es hüpfen Gickerl auf die Tische,
auch Würstl, Kas und Steckerlfische.
Derweil Musik und Gerstensaft
die Gaudi zaubern fabelhaft,
flanieren draußen im Getriebe
die flotten Pärchen voller Liebe.
Wer möchte da nicht glücklich sein
bei Orgelton und Flimmerschein.
Wer Trübsinn meidet wie die Pest,
der nutzt das Zwieseler Grenzlandfest.
Emil Seipenbusch